Donnerstag, 5. Januar 2017

Was der Schuleingangstest nicht verrät

Gleich zum Jahresanfang stand bei uns ein Termin an - wohl zum letzten Mal im Elternleben: das jüngste Kind musste zum Schuleingangstest beim Kinder- und jugendärztlichen Dienst antreten. Müde (klar, so kurz nach Weihnachts- und Silvesterferien) und auch leicht kränklich war's an dem Tag. Aber da wir den Termin wegen Krankheit schon zwei Mal verschieben mussten, dachte ich mir, es wäre besser, das jetzt durchzuziehen. Nicht, dass noch das Jugendamt vor der Tür steht, um zu überprüfen, ob das Kind aufgrund von Prügel regelmäßig nicht vorzeigbar ist ...

Also auf durch Regen und Matsch zur "Burg". DresdnerInnen mit Schulkindern wissen, wovon ich rede. Unsere kleine Prinzessin war jedenfalls begeistert, das märchenhafte zinnenbewehrte Gebäude mit den pseudogotischen Fenstern betreten zu dürfen. Leider hält es von innen nicht, was es außen verspricht. Na ja, so Amtsgebäude müssen wahrscheinlich nüchtern und langweilig rüberkommen, um ernst genommen zu werden.

Nachdem grundsätzlich geklärt war, dass wir unserem Minivorschulkind den planmäßigen Schulstart zutrauen (was bleibt uns auch anderes übrig, wo uns der Kindergarten überm Kopf abgerissen wird ... dazu vielleicht später mehr), gings also ans Testen. Lief gut, wenn auch gelegentlich akute Anzeichen von Unlust zu bemerken waren. Aber mal ehrlich, an einem düsteren Winterspätnachmittag sinnlose Aufgaben erfüllen, die noch dazu von einer völlig fremden Frau gestellt werden ... Man machts ja so notfalls, aber gern muss man das nicht machen, oder?

Unser persönlicher Höhepunkt ist ja immer wieder der "Smiley-Test": Ein Blatt, darauf reihenweise Smileys, die meisten freundlich, dazwischen einige mit hängenden Mundwinkeln. Kind soll letztere streichen, das Ganze möglichst schnell bei laufender Stoppuhr. Nun sind weder unsere größeren Kinder noch ich, sagen wir's mal freundlich, für übereilte Handlungen bekannt. Wir haben wohl alle eine Extrawindung in der Leitung, was die Informationsverarbeitung gründlich, aber nicht unbedingt schnell macht. ;-) Dass auch Kind 3 bei dieser Aufgabe keine allzu große Geschwindigkeit an den Tag legte, überraschte mich also nicht. Beanstandet wurde trotzdem nichts und die Schulfähigkeit offiziell bescheinigt.

Was der Test allerdings nicht erfassen konnte, wurde mir später klar. Als mein Mädel mir nämlich in der Straßenbahn seine Sicht auf den "Smiley-Test" offenbarte. Es beschwerte sich bitterlich. Die Ärztin hätte gesagt, die Smileys mit den hängenden Mundwinkeln wären "böse". Dabei stimme das gar nicht, die seien nämlich nur traurig. Und es sei eine bodenlose Gemeinheit, die traurigen Leute zu streichen, nur weil sie traurig seien. Geht echt gar nicht ... Vor diesem Hintergrund braucht man sich über das zögerliche Vorgehen natürlich nicht zu wundern. Ich wette, die soziale Dimension der Aufgabe ist der Ärztin noch nicht mal in den Sinn gekommen ...

Tja, das ist mein kleines Mädchen, das sich auch bei mir entschuldigt und die "arme Mama" der vielen Arbeit wegen bedauert, wenn es selber unter den Folgen eines Magen-Darm-Infekts leidet, das bei "Tom und Jerry" vor lauter Mitleid eher weint als sich kaputtzulachen, das bei Spieleabenden explizit nicht gewinnen will, weil sonst die anderen traurig sind, das seine über alles geliebten Gummibärchen teilt, wenn es nur 2 hat, ein Geschwisterkind aber (aus sehr gutem Grund) gar nichts.

Oh Mann, hoffentlich passt auch in der Schule jemand gut auf mein zart besaitetes Jüngstes auf ...

10 Kommentare:

  1. Hach ja, ein so schöner Text! Loslassen ist manchmal sehr schwer. Ich denke, deine Kleine wird sich auch durchsetzen.
    Allerliebste Grüße,
    Kathrin
    P.S.: Wir sind erst nächstes Jahr dran.

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  2. Ach ja, die verhasste Schuleingangsuntersuchung. Bei uns lief das damals super, da die Ärztin zuerst den Kleinen fragte, ob er denn in die Schule möchte. Bis dahin wurde ihm von den Erwachsenen oft nicht viel zugetraut, wir hatten arge Probleme mit den Erzieherinnen.
    Nun ist er seit August in der Schule und (fast) alles ist prima, er liest mittlerweile die ersten Bücher (noch sehr langsam ;) )

    Deine Kleine hat doch Unterstützung durch die große Schwester, wenn sie eingeschult wird, oder?
    Mir graut ein wenig vorm nächsten Schuljahr, wenn der Große geht und der Kleine "allein" ist - Durchsetzungsvermögen ist nicht so seine Stärke.

    Ganz liebe Grüße
    Mira

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    1. Bei uns hat die Ärztin zuerst mich gefragt, ob wir es denn angehen wollen. Woraus ich geschlossen habe, dass sie bei unserem kleinen Junikind einer Rückstellung durchaus offen gegenübergestanden hätte. Aber da wir durch den Kita-Abriss sowieso neu anfangen müssen, ist für Emilia wohl die "schonendste" Variante, erwartungsgemäß in die Schule zu gehen und bis dahin die Lieblingserzieherin noch zu haben.
      Emilia wurde natürlich auch gefragt, und sie sagte ja, obwohl sie da ansonsten nicht so entschlossen ist ...

      Sie hat Unterstützung von der großen Schwester. Da bin ich froh drüber, zumal Kind 2 sehr beliebt ist, viele Freunde hat und leicht noch mehr gewinnt. So kann sie sicher die Kleine mit in die Schulgemeinschaft hineinnehmen.

      Lesen lernen will sie übrigens jetzt vorher noch. Es würde sie beruhigen, es schon vorher zu können, sagt sie. :-)

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    2. Pascal wollte auch vor Schulbeginn gern lesen können, es war ihm dann aber doch zu anstrengend. Macht nix, dann langweilt er sich jetzt wenigstens nicht ;)

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    3. Ich vermute ja, dass dieser Fall bei uns auch eintreten wird. :-)

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  3. Oh deine Kleine hat einen ganz ganz besonderen Charakter!! Und ich hoffe auch, dass das ganz viele Menschen erkennen und zu schätzen wissen!
    Und die Geschichte mit den Smileys zeigt, dass Kinder eine völlig andere Sichtweise haben und wir Erwachsene uns davon öfter mal eine Scheibe davon abschneiden könnnten...
    Alles Gute für die kleine Maus!
    Liebe Grüße
    Dani Ela

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  4. Ich drück euch die Daumen, bin mir aber sicher, dass das gut läuft. Erstens ist es noch ein halbes Jahr hin und sie entwickeln sich ja erstaunlich schnell. Zweitens habe ich die Erfahrung gemacht, dass ein charakterstarkes, sozial eingestelltes Kind durchaus Anerkennung durch seine Mitschüler bekommt. Meine Große ist zwar nicht unbedingt zart besaitet, aber bekannt dafür, dass sie sich auf die Seite der Schwachen schlägt, selbst wenn sie die nicht besonders leiden kann. Ungerechtigkeit geht bei ihr gar nicht und das wissen inzwischen alle in der Klasse, teilweise sogar die Eltern.

    LG
    anne

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    1. Genau, so ist sie auch. Jemanden ausschließen geht gar nicht. Sie hat im Kindergarten schon dafür gesorgt, dass über Verständnis und Toleranz gegenüber anderen geredet wurde, weil mehrere Kinder einen vietnamesischen Jungen geärgert hatten, der wegen des andersartigen Essens eben auch etwas anders riecht. Dem hat sie auch gleich gesagt, dass sie sein Freund ist, damit er nicht traurig ist, obwohl sie eigentlich nicht sooo viel mit ihm anfangen kann. <3

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  5. Hach, da bekommt man ja gleich Tränen in den Augen. Wie rührend. Ich bin mir sicher, sie wird ihren Weg finden. Wir Erwachsenen denken oft nicht nach, was für eine Sichtweise die Kinder auf bestimmte Dinge haben.
    LG
    Kerstin

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  6. Wo ist die Zeit nur hin - warst du nicht gestern erst mit ihr schwanger .... und nun schon ein Vorschulkind. Aber alles hat wohl seine Zeit und wie es ist, so ist es gut ....

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